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Unser Kino – Von der Mozart-Schule zum Bürgerbräu


Gründung einer Programmkino-Initiative

Im Sommer 2009 mussten die Würzburger Filmfreund:innen zur Kenntnis nehmen, dass das Corso, das letzte Kino in der Innenstadt, in dem man Arthouse-Filme sehen konnte, noch im selben Jahr schließen würde. So entstand der Wunsch nach einem neuen Programmkino, der in Form einer Petition mit 2700 Unterschriften an die Stadt Würzburg herangetragen wurde. Dies stieß bei Kulturreferent Muchtar Al Ghusain auf offene Ohren, und mit seiner Unterstützung wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertreter:innen verschiedener Berufsgruppen gebildet, mit dem Ziel, ein Programmkino auf die Beine zu stellen.

Standort und Betriebsform

Im Frühjahr 2010 lud die Arbeitsgruppe interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer ersten Sondierungsversammlung im Luisengarten ein. Die Resonanz war überwältigend. Bald schon wurden in eigener Regie auch Filmvorführungen an wechselnden Orten angeboten (Theater Chambinzky, Theater Ensemble, Theater am Neunerplatz, Hobbit-Bühne), die ebenfalls großen Zuspruch fanden.
Ermutigt von diesen Erfolgen hatte die „Lenkungsgruppe“ nun zwei entscheidende und zugleich anspruchsvolle Fragen zu lösen: Wo sollte das Kino unterkommen und wie sollte der Betrieb organisiert werden?
Relativ schnell wurde beschlossen, eine Genossenschaft zu gründen, und die dafür notwendigen Vorbereitungen wurden zügig in Angriff genommen. Die formelle Gründung unter dem Namen „Programmkino Würzburg eG“ erfolgte im September 2010.
Auf der Suche nach einer passenden Spielstätte mussten verschiedene Hürden überwunden werden. Mehrere Räumlichkeiten wurden besichtigt, erwiesen sich aber allesamt als ungeeignet, weil etwa die erforderliche Raumhöhe fehlte, abzulösende Parkplätze Hunderttausende Euro gekostet hätten, oder die Voraussetzungen für die Einhaltung von Brandschutzbestimmungen nicht gegeben waren. Das einzige vielversprechende Objekt war das städtische Mozart-Gymnasium in der Hofstraße, dessen Aula mit vergleichsweise geringem Aufwand zu einem Kinosaal umgebaut werden konnte.

Die Mozart-Schule als provisorische Lösung

Die Sache hatte allerdings einen Haken: Seit 2007 bestand ein Stadtratsbeschluss zum Verkauf des Mozart-Areals. Dennoch kam nach Verhandlungen mit der Stadt im September 2010 ein Mietvertrag zustande, der allerdings vierteljährlich kündbar war und den Zusatz enthielt, dass „in jedem Fall (…) der Abbruch des Gebäudes vorgesehen“ ist. Der Weg für eine baldige Eröffnung des Kinos war damit zwar frei, es war aber zugleich klar – wenngleich dies von vielen zunächst verdrängt wurde –, dass die Standortfrage langfristig gesehen noch nicht gelöst war.

Betrieb mit Ehrenamtlichen

Bereits im November 2010 konnte das „Central“ – der Name war angesichts der günstigen Lage zwischen Dom und Residenz schnell gefunden – mit den 2. Italienischen Filmtagen eröffnet werden. Abgesehen von der professionellen Geschäftsführung und Kinoleitung wurde der tägliche Betrieb, insbesondere die Filmvorführung, anfangs noch analog, dann digital, der Karten- und Kioskverkauf und die Programmheftverteilung von Ehrenamtlichen geleistet. Nicht wenige brachten (und bringen bis heute) ihre beruflichen Kenntnisse zum Nutzen der Genossenschaft und des Kinos ein, etwa in den Bereichen Architektur, Filmverleih und Kinobetrieb, Jurisprudenz, IT, Steuerrecht und Buchhaltung.
Das neue Kino wurde dankbar angenommen, auch wenn man mitunter Abstriche vom gewohnten Standard machen musste. In der ersten Zeit saß man auf gewöhnlichen, nicht besonders bequemen Stühlen. Geübte Kinogänger:innen brachten sich Kissen mit oder liehen sich welche an der Kasse. 2011 wurde eine gebrauchte Kinobestuhlung (150 Plätze) preisgünstig erworben und eingebaut. 2013 investierten etwa ein Dutzend Ehrenamtliche ihre Freizeit und ihr handwerkliches Geschick, um die ehemaligen Rektoratsräume in einen zweiten Kinosaal, das „Studio“ (31 Plätze), zu verwandeln.

Ausschau nach einer neuen Spielstätte

Die Pläne der Stadt für das Mozart-Areal (Verkauf und Abriss oder zumindest Teilabriss des Gebäudes) stießen inzwischen auf den Widerstand zahlreicher Bürger:innen. Das von der Bürgerinitiative „Rettet das MOZ“ initiierte Bürgerbegehren für den Erhalt des Gebäudes setzte sich 2015 gegen das Vorhaben des Stadtrats durch. Für das Central tat sich damit dennoch keine Zukunftsperspektive an diesem Standort auf, denn man musste davon ausgehen, dass die unausweichliche und absehbar kostenintensive Sanierung zu einer Mieterhöhung führen würde, die für ein genossenschaftlich betriebenes Arthouse-Kino nicht mehr tragbar wäre. Und wo sollte der Kinobetrieb während der nicht absehbaren Dauer der Sanierungsarbeiten stattfinden?

Ein Kino in einer ehemaligen Brauerei

Die Genossenschaft hatte andererseits das Angebot erhalten, auf dem Bürgerbräu-Gelände in der Zellerau ein Kino zu betreiben. Dieses Angebot bestand im Wesentlichen aus ehemaligen Bierkellern, die zu Kinosälen umgebaut werden mussten. Keine Kleinigkeit! Mit der Zustimmung der Generalversammlung machte sich der Vorstand an die Prüfung des Projekts: Wie umfangreich wären die erforderlichen Baumaßnahmen? Wie hoch die Kosten? Wie viel Miete würde man künftig zahlen müssen?
2014 waren die Planungen so weit fortgeschritten, dass sie den Genossinnen und Genossen zur Abstimmung vorgelegt werden konnten. Wenige Wochen vor dem bereits festgesetzten Termin der Generalversammlung im Juli erhielt die Genossenschaft das überraschende Angebot, den Luisengarten in der Martin-Luther-Straße als Kino anzumieten. Nun hatte man also plötzlich die Wahl zwischen zwei möglichen Standorten. Trotz der im Vorfeld vielfach geäußerten Bedenken wegen der zentrumsfernen Lage fiel die Entscheidung in der Generalversammlung am 17. Juli 2014 nach intensiver Diskussion dann doch zu Gunsten des Bürgerbräu, mit einer Mehrheit von 119 zu 102 Stimmen.
In einer weiteren Generalversammlung im Februar 2015 erhielt der Vorstand die Zustimmung zur Unterzeichnung des neuen Mietvertrags. Damit waren alle Voraussetzungen für den Umzug geschaffen. Nun mussten ‚nur‘ noch die Bauarbeiten angepackt und zu einem glücklichen Ende geführt werden. Am 28. Oktober 2016 war es dann so weit: Zum Abschied aus der Mozart-Schule gab es ein kleines cineastisches Fest mit „Safety Last!“ von Harold Lloyd (Stummfilm mit Live-Musik) und wenige Tage später wurde die Eröffnung des Central im Bürgerbräu mit den 8. Italienischen Filmtagen gefeiert.